Reale Werkmaurerei – Ideale Freimaurerei
Reale Werkmaurerei – Ideale Freimaurerei
Baustück (Vortrag) der Loge LA SINCÉRITÉ in Prag – gegeben am 8. März 2018

Maurerei, Freimaurerei – was ist das eigentlich? Abgesehen von Berufs- und Betriebsbezeichnungen wie z.B. auch Bäcker/Bäckerei/Konditorei oder Schneider/Schneiderei und Wäscherei, Brauerei, bedeuten Wörter mit der Endsilbe -ei im Deutschen ja vielfach weniger Vornehmes, z.B. Schweinerei/Sauerei, Bauerei/Pfuscherei – vor allem, wenn sich substantivische Termini von einem Verb ableiten, wie beispielsweise Bauerei von bauen.
Von daher könnte man überlegen, statt „Freimaurerei“ mehr von „Freimaurertum“ zu sprechen, parallel den Worten „Deutschtümelei“ und „Deutschtum“.
Eine ganze Reihe, eine Latte, ein Schock von rund 60 Negativwörtern mit der Silbe -ei am Wortende können einem auf die Schnelle einfallen, drängen sich förmlich auf. (Siehe hierzu die Aufzählung am Schluss des gedruckt vorliegenden Vortrags) *
Indes: „Maurerei “ wird eine vornehme, eine „königliche Kunst“ genannt, „royal art“ , wobei der englische Terminus ursprünglich wohl „real art“ meinte, die wahre, „wirkliche Kunst“ der alten Steinmetze, verfeinert in den Dombauhütten, die im 17. Jahrhundert eine Erhöhung des Bauens bzw. des Baugedankens ins Geistige ermöglichten. Im Hintergrund ist mit dem Ausdruck „königliche Kunst“ jedoch auch an den weisen König und Tempelbaumeister Salomo zu denken.
Die Bauhütten waren den Dombauten vorgelagert und hießen im anglomaurerischen Mutterland lodges = Hütten, Pförtnerlogen – Logen dann auch die der Freimaurer im Deutschen.
Die Steinmetze der mitteleuropäischen Bauhütten des 15., 16.,17. Jahrhunderts bildeten durch die besondere Art ihrer Aufträge, nämlich Kathedralen zu bauen, eine besonders herausgehobene Zunft mit Sonderrechten. Der einzelne Steinmetz konnte die über ein Jahrhundert dauernde Vollendung eines Münsters oder Doms gar nicht erleben. Umso mehr war es eine Ehre, in die altehrwürdigen Zünfte z.B. in Mailand, Wien, Straßburg, Chartres, Freiburg, Köln, Bern aufgenommen zu werden, ihnen anzugehören, verbunden mit besonderen Aufnahmeriten und Merkmalen, welche die Freimaurer in ihren Logen heute noch pflegen, wobei es dabei nicht mehr um steinerne Bauwerke geht, sondern um den „Tempelbau der Humanität“, sich selbst in die menschliche Gesellschaft einzubringen, sich als Freimaurer in der Welt zu bewähren, wie es das freimaurerische Ritual heißt, sich „als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufzubauen“, wie es im 1. Brief des Apostels Petrus, Kapitel 2, Vers 5 heißt.
Klöster unterhielten bereits im 8. Jahrhundert Werkstätten; die Zünfte bildeten sich später in den Städten. Klöster wie Zünfte gaben berufliche, wissenschaftliche und handwerkliche Fertigkeiten weiter, in ihrer Arbeit, in ihrer Lehre. Und sie waren Lebensgemeinschaften, nicht nur berufliche, boten ihren Mitgliedern Sicherheit und Sorge. Man war verbunden in der Arbeit und im Leben, im Alltag wie an Festen, zu Gottesdiensten und Festtafeln, Tafellogen. Als im 17. Jahrhundert vermehrt geistig interessierte freie Männer von gutem Ruf zu den Tafelrunden kamen, wurden sie nach gründlicher Prüfung als Maurer angenommen, wurden Freimaurer an einem geistigem Bau, mit geistigem Rüst- und Werkzeug, Tempelbauer der Humanität. Die Bauhütten hinterließen so nicht nur ein architektonisches Erbe, Monumente der Kunst zu Ehren des „Großen Baumeisters aller Welten“.
Erbe hinterließen auch die alten Ritterschaften, tauschten ihre Schwerter in geistige, kämpften nicht mehr hoch zu Ross, sondern geistig, nahmen Knappen zu geistiger Ritterschaft auf, begründeten ihre Orden geistig.
Ähnlich nahmen auch die Klöster sogenannte Oblaten an, zum Beispiel die Solitaires, die Messieurs von Port-Royal, die „Die Kleinen Schulen“ bei Paris gründeten. Pascal und Racine gehörten zu ihnen, waren „Maurer ohne Schurz“, Bauleute mit geistigen Werkzeugen.
Auf den maurerischen Arbeitsteppichen sind geistige Werkzeuge zu sehen: der Spitzhammer, unsere Ecken und Unvollkommenheiten abzuschlagen, der Maßstab, dabei die Zeit mit Weisheit einzuteilen, das Senkblei, unsere Tiefen auszuloten, Winkelmaß und Zirkel, Symbole irdischen und göttlichen Bauens.
Wie in allem Handwerk üblich, gibt es verschiedene Werkzeuge, entsprechend auch den Rängen der Lehrlinge, Gesellen und Meister und ihren unterschiedlichen Aufgaben. Freimaurer sind Bauleute, die ihre jeweiligen Werkzeuge zu gebrauchen wissen und damit auch wirken sollen.
Dass die alten Zünfte Männergesellschaften waren, hat sich mittlerweile gewandelt: Sehr früh bei den geistlichen Orden, wo es seit dem 6. Jahrhundert bereits weibliche Zweige gibt, Nonnen, segensreich wirkende Schwestern. Gewandelt haben sich auch manche in der Tradition alter ritterlicher Orden stehende Ritterorden heutiger Zeit mit der Aufnahme von Ritterdamen – und natürlich gibt es seit dem 20. Jahrhundert auch bei den reinen Bauhandwerken weibliche Lehrlinge, die inzwischen Auszubildende heißen. Nur die Freimaurer sind da noch weitgehend konservativ, wobei es in Dresden schon eine Loge von Freimaurerinnen gibt, entstanden und beheimatet im Haus der Ehernen Säulen. Eine erste sogenannte Adoptionslogen entstand in Frankreich schon 1775, weitere Frauenlogen folgten. Die erste gemischte Loge wurde ebenfalls in Frankeich gegründet, 1893 „Le Droit Humain“ – mit Sitz in Paris heute in 60 Ländern weltweit vertreten. Ich persönlich singe ehrlich gesagt allerdings lieber in einem reinen Männerchor und schnitzte mein Leben aus dem mir übereigneten Holz, um mit diesem Wort von Theodor Storm dieses Baustück nun abzugeben.
HMS, Dresden und Prag,
* Aufzählung von Wörtern mit der Endsilbe -ei:
Schlachterei/Metzelei/Abdeckerei, Flickerei/Fummelei/Hudelei/Gammelei, Umstandskrämerei/Korinthenkackerei, Wursterei/Duselei, Abkassiererei/Geschäftemacherei/Gaunerei/Betrügerei/Schwindelei/Augenwischerei/Gauklerei, Aufschneiderei/Quatscherei/Besserwisserei/Anhimmelei/Schmuserei/Schwärmerei/ Spinnerei, Eigenbrötelei/Geheimnistuerei/Schnüffelei, Mauschelei/Kungelei/Kuppelei/Kumpanei, Fresserei/Sauferei/Prasserei/Schlemmerei , Kinderei/Gafferei, Geschrei/Flennerei/Jammerei/Schlägerei/ Rempelei/Rammelei, Meuterei/ Freibeuterei/Freigeisterei/Schöngeisterei/Deutschtümelei/Eulenspiegelei/Frömmelei, Barbarei/Tyrannei/Sklaverei/Quälerei/Schinderei/Lauferei/Kurverei/Plackerei/Putzerei/Schmiererei.