„Gedanken eines Suchenden VII“

„Gedanken eines Suchenden VII“

Die Kreise des Zirkels oder Welt-Ich-Bilder

Eines der Werkzeuge im Freimaurertum ist der Zirkel. Mit ihm zieht man unter anderem die Kreise der Liebe, der Gefühle, der Gemeinschaft zu den Brüdern und Menschen. Er ist aber auch ein Werkzeug um sein eigenes Schrittmaß zu prüfen.

Viele kennen dieses Instrument nur aus dem Geometrieunterricht, von technischen Zeichnungen oder aus der Schifffahrt. Jedoch ist er, wie gerade geschrieben noch sehr viel vielseitiger.

Ich möchte mich in den folgenden Zeilen darauf beschränken, wie der Zirkel nach meiner Ansicht genutzt werden kann um die eigene Einstellung zur Menschheit und Höherem zu prüfen. Genauer gesagt, geht es um das Weltbild. Gerne möchte ich mich dabei Begriffen bedienen, die eher aus anderen Bereichen kommen, hier jedoch zur bildhaften Darstellung geeignet sein möchten.

 

Welche Kreise kann man denn nun ziehen?

Da wären:
Das egozentrische Weltbild.
Das geozentrische Weltbild.
Das heliozentrische Weltbild.
Das galaxiezentrische Weltbild.
Das kosmoszentrische Weltbild.

 

Das egozentrische Weltbild

Bei dem egozentrischen Weltbild steht der Mensch, als eigenes Individuum im Mittelpunkt. In ihm als Kern, legt dieser Mensch seinen Zirkel an und zieht einen Kreis um sich. Wichtig ist ihm, dass er hineinpasst. Was nicht hineinpasst, gehört eben nicht dazu und findet auch keinen Platz. Natürlich könnte der Kreis erweitert werden, aber dieser Mensch möchte es nicht. Hauptsache dem Ego ist genüge getan. Was jenseits des Kreises liegen mag interessiert nicht, jedenfalls solange nicht als das nicht ein Nutzen für sich selbst greifbar ist.

Es ist, als würde man nicht nur unfähig sein über den Tellerrand zu blicken, sondern als würde man sogar sein Dasein in dem Universum einer tiefen Suppenschüssel fristen.

 

Das geozentrische Weltbild

Im geozentrischen Weltbild steht der Mensch in seiner Gesamtheit als Menschheit im Mittelpunkt. Alles dreht sich um den Menschen oder um eine bestimmte Gruppe von Menschen. Wenn es so etwas wie einen Massenegoismus gibt, dann wäre das hier der Fall. Ohne Bedacht auf die Umwelt und die Wesenheiten wird der Zirkel angesetzt und alles was nicht der Menschheit oder einer Gruppe von Menschen nützlich ist, wird ausgegrenzt und zerstört. Aber auch das Nützliche wird ausgebeutet. Und wenn schließlich alles erschöpft ist, so wird es über den Kreisrand geworfen. Vielleicht mag mancher Mensch auch mit gutem Sinn handeln und setzt alles daran dies umzusetzen, jedoch dieses Zuviel wirkt wieder zerstörend an anderer Stelle. Oder ein Mensch setzt sich ein bestimmtes Ziel, achtet aber nicht darauf, dass er dabei so zielstrebig voranschreitet, dass er zu dem wird, wogegen er eigentlich angehen wollte.

 

Das heliozentrische Weltbild

Im heliozentrischen Weltbild hat der Mensch erkannt, dass nicht er im Mittelpunkt steht, sondern die Sonne. Die Sonne kann gleichfalls eine Gottheit, eine Weltansicht oder ähnliches sein. Der Mensch sieht dieses Zentrum als Mittelpunkt an und er selbst ist nun ein Teil dessen, was um den Mittelpunkt kreist. Er erkennt, dass noch mehr um die Sonne kreist und nicht nur um sie, sondern auch um den eigenen Mittelpunkt gewisse Dinge ihre Bahnen ziehen. Das Bewusstsein um eine Vielfalt ist vorhanden. Doch mögen diese Dinge nur nicht zu nah die eigenen Bahnen berühren, damit der Blick auf das Zentrum nicht „getrübt“ wird. Die vielfältigen Dinge sind erkannt, doch genaueres möchte der Mensch nicht wissen. Das wenige was zu wissen lohnt, wird durch Vorurteile und Interpretation ergänzt.

 

Das galaxiezentrische Weltbild

Das galaxiezentrische Weltbild wird umfassender. Mit diesem Weltbild erkennt der Mensch, dass er nicht allein ist, sondern noch viel mehr seine Bahnen zieht. Dass Vieles seinen Zirkel angesetzt hat und sich Bahnen auch kreuzen können. Er erkennt die Vielfalt als ein wesentliches Merkmal des Seins an und ist bereit die Schnittpunkte mit Harmonie zu füllen oder zumindest Toleranz zu üben und sich mit den anderen Teilen der Vielfältigkeit auseinanderzusetzen und verstehen zu wollen. Diesen Menschen mit diesem Weltbild stört es nicht, wenn Berührungspunkte entstehen. Vielmehr noch, dieser Mensch versucht durch die Bahnen des Anderen seinen eigenen Zirkelkreis zu erweitern und zu festigen.

 

Das kosmoszentrische Weltbild

In diesem Weltbild erkennt der Mensch, dass alles was ist, einen Ursprung hat. Er erkennt eine Transzendenz, welche durchaus viele Namen haben darf. Sei es ein Gott, eine Macht, Energie, Geometrie oder wie bei den Freimaurern umfassend der Allmächtige Baumeister aller Welten (A.B.a.W) genannt. Er erkennt die eigene Vergänglichkeit aber auch die Ewigkeit des Schöpfers. Er weis um die Pflicht, die ihm zugetan und das, was geschaffen, bewahrt werden muss. Denn alles was ist, ist die Gegenwart des A.B.a.W. Die Bahnen der anderen Zirkelkreisevon den Wesenheiten der Vielfältigkeit erkennt er als einen Teil des Schaffens vom A.B.a.W. Der Mensch ist nur ein kleines Teil des Ganzen, was aber ebenfalls ein wichtiges Teil vom Großen ist.

Was hier geschieht spiegelt sich an anderer Stelle und so entsteht in der Unendlichkeit ein Bild eines Kaleidoskops. In diesem Kaleidoskop existieren viele Zirkelkreise, deren Zahl unendlich ist. Und da, wo ein Zirkel vergeht, entsteht ein neuer Kreis. Nur im Zusammenwirken der Zirkelkreise kann sich der Tempel halten. Und wo zwei Kreise nicht harmonisieren, finden sich an anderer Stelle passende Schnittpunkte. Und trotzdem bleibt die Harmonie, und damit die Humanität und der Tempel in Einklang und stabil.

Ein Mensch mit diesem Weltbild hat eine Stufe erreicht, die es ihm ermöglicht sich selbst Bewusst zu sein und kann das Bewusstsein der Vielfältigkeit spüren.

Mehr noch, sein Zirkelkreis verbindet sich mit dem Kosmos und er spürt Demut in der Größe.

Demut vor dem Allmächtigen Baumeister aller Welten, welchen Namen er ihm auch geben möchte.

 

Ein jeder ist selbst verantwortlich für den Kreis, welchen er mit seinem Zirkel zieht. Doch dieser Zirkel muss mit Bedacht geführt werden. Zum Einen gilt es Mut zu haben den Kreis zu erweitern, zum Anderen gilt es weise zu sein und den Kreis nicht zu groß zu wählen, so dass man selbst den eigenen Rand nicht mehr erkennen kann und sich in sich verliert durch ein falsches Schrittmaß. Der Kreis möchte so groß sein, wie der Blick reichen kann und trotzdem wachsen und damit auch den Blick erweitern.

Da wo sich der Horizont des Zirkelkreises, des Welt-Ich-Bildes, befindet, da geht es immer weiter. Und wenn man andere Menschen teilhaben lässt und ihnen den Zutritt in das innere seines eigenen Kreises gewährt, bekommt man auch einen Blick in ihre Kreise.

Und groß ist es, wenn man auch ihnen hilft beim Kreise ziehen indem man durch eigenes Tun Mut und Kraft gibt.

Auf das das Bild des „kosmischen Kaleidoskops“ noch schöner werde und der Tempel sich vervollkommne.

 

Von A.S.