„Gedanken eines Suchenden IX“
Vom Licht und dem Universum
Am Fenster steht ein Wanderer. Gedankenverloren blickt er in den Sternenhimmel.
„Unendlich scheint sie, die Weite…
Mag wohl je ein Menschen Auge erblicken Deinen Rand?
Mag je ertasten eines Menschen Hand, Dein umgebendes Band?
Ferne…
Weite…
Tiefe…
Wie lange schon blicken Augen in Dich?
Seit Äonen schon versucht der Verstand zu begreifen, zu beweisen, was Deine Seele ist.
Versuchen Gelehrte und Weise auch nur zu erahnen, was Deines Tiefen Kern ist.
Streiten sich, wer denn nun im Rechte ist und doch hat keiner je die Tiefe auch nur annähernd erreicht.
Werfen sie sich die Theorien um die Ohren, als gilt es einzig allein nur laut genug zu sein um sich der Wahrheit gewiss sein zu können.
Nein…
Nein!
Noch gilt es so viel mehr zu ergründen.
Und auch wenn wieder Neues in Dir gefunden, so ist es doch der ewige Lauf, dass mit jedem neu entdeckten Teil von Dir wieder neues Werkzeug ersonnen werden muss.
Es ist der Menschen Glaube, dass alles greifbar sein muss…
also muss es auch ein Werkzeug geben um greifen zu können!
…
Und so…
geht der Kreislauf ewig weiter.
Entdeckung…
Werkzeug…
Entdeckung…
Werkzeug…
Entdeckung…
Werkzeug…
Möge sich der Kreis nur nicht zu schnell drehen, damit es den Gelehrten nicht allzu schwindelig wird in ihrem ewigen Streben.
Denn nur was durch Wissenschaft belegbar, scheint zu gefallen.
Und so haben sie sich ergeben im ewigen Suchen, noch nicht ganz das Kleinste ergründet aber voll Mut sich in das Größte stürzend.
…
Die Sterne…
Welch liebliches Licht sie vom Himmel werfen.
Könnte man das Licht fragen, dann bekäme man vielleicht eine Antwort.
Oder auch nur wenigstens eine Ahnung von der Unendlichkeit oder der Endlichkeit des Alls.
Doch das Licht kann gewisse Antworten nicht geben.
Vielleicht will es auch die Antwort nicht geben.
Mag es aus Sorge sein, dass wir mit unserem Verstand nicht greifen können, was so viel größer ist?
…
Welch Licht mag heute auf die Erde fallen?
Nur das der Sonne?
Oder auch Licht von unbekannten Sphären?
Dem Licht gab man schon viele Namen.
Re… entstiegen dem Urhügel.
Reisend in der Sonnenbarke… dem Menschen das Licht darbietend.
Horus, mit den Flügeln des Falken
Gezeugt durch den wiedergeborenen Vater… geboren als Licht.
Oder Luzifer, der Morgenstern.
Einst der Lichtbringer… und dann in Ungnade gefallen.
Auch Jesus, der Auferstandene.
Im Sterben besiegte er den Tod… und brachte schließlich das Licht.
Und Freyr, der Sonnen- und Fruchtbarkeitsgott im Norden.
Mit seinem Gefährten Gullinborsti… wachend über das Licht.
Helios, der Wagenlenker.
Ewig reitend von Ost nach West… im Sonnenwagen.
Re… Horus… Luzifer… Jesus… Freyr… Helios…
Und viele andere Namen gab man dem Licht.
Lichtbringer! Allesamt!
Oder trugst Du, Licht, allein alle Namen?
Sei es!
Du könntest unsere Hirne erhellen mit Antworten.
Du weißt um die Tiefen des Alls!
…
Und wir?
Wir sind hier auf der Erde und können nur in den Raum blicken und versuchen zu verstehen.
Können wir jemals begreifen?
Können wir es denn?
Sind wir uns denn bewusst um unseren Teil?
Wie ich hier stehe, …
so weiß ich doch, dass ich nur ein Kleinstes im Größten bin.
Stehe hier auf diesem Planeten und betrachte Gestirne.
Gestirne, die Teil einer Galaxie sind.
Einer Galaxie, die Teil des Alls ist.
Ein All das…?
Ist das All nur ein Teil eines Ganzen?
Oder ist das All endlich?
Wer weiß schon Antwort darum zu geben?
…
Und auch wenn ich weiß, dass ich nur ein Kleinstes bin…
so bin ich mir dennoch bewusst, dass ich einen Teil zum Großen beitrage.
Auch wenn ich jetzt nicht greifen kann, was meine Hände zu greifen wünschen.
Auch wenn sich mir verschließt, was mein Verstand zu wissen begehrt…
bin ich mir bewusst.
Wenn ich die Werkzeuge niederlege um den Gang in den ewigen Osten anzutreten, …
dann erfahre ich vielleicht Gewissheit.
Aber bis dahin…
bin ich mir bewusst, dass das Größte auch im Kleinsten wirkt.
Um das Größte zu begreifen beginnt meine Suche im Kleinsten…
in mir.
Lerne erst um die kleinen Bauwerke, …
bevor zu verstehen ist…
was der allmächtige Baumeister erschaffen.“
Eine Weile noch steht der Wanderer am Fenster. Blickt in das All, bevor im Osten die Sonne aufgeht.
von A.S.